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Borkman

nach henrik ibsen

Körber Studio Junge Regie 2014

“Es passiert zwar nichts Neues. Aber das, was passiert ist, – das wiederholt sich auch nicht. Die Perspektive verändert die Tat. Eine neue Perspektive macht aus einer früheren Tat etwas anderes.”
Acht Jahre Schweigen im Hause Borkman – jeder träumt für sich allein. Irgendwann kommen die glücklichen Tage schon wieder! John Gabriel Borkman braucht nur eine zweite Chance, seine Frau und die ehemalige Geliebte brauchen dessen Sohn Erhard. Der will aber alle Familienbande kappen. Endlich frei sein! Endlich selbstbestimmt sein! Der Sohn wird zum Vater, die Mütter werden wieder zu Töchtern. Doch sitzen in den Kindern die Eltern. Und so tragen sie es weiter – das Erbe – bis auch sie alt sind und von ihren Kindern verlassen werden. Drei Figuren wandern durch Ibsens Eislandschaft zerstörter Kinderträume und suchen nach einem Umgang mit der Welt, die uns die Eltern hinterlassen.


REGIE

Daniel Foerster
AUSSTATTUNG

Lydia Huller

(Studentin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart)

DRAMATURGIE

Jeffrey Döring
REGIEASSISTENZ

Mia Göhring

MIT

David Korbmann

Paula Thielecke

Anne Greta Weber

Pressestimmen

Die Ludwigsburger Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg gibt es erst seit sieben Jahren, entsprechend stecken die Schwaben noch in keiner Schublade. Und Daniel Foerster setzt selbstbewusst ein Ausrufezeichen. Der 28-Jährige hat im Studienmodul «Der lange Schatten des 19. Jahrhunderts» Ibsen zurechtgestutzt, kurz «Borkman» heißt sein Beitrag, und er knallt einem das Stück mit allen gut erprobten Techniken des [...] Regietheaters um die Ohren: filmischer Einstieg, laute Musik, radikale Rollenreduzierung: drei Schauspieler in weißen Stramplern zwischen Stofftieren auf weißen Kunstflocken. Was Foerster hier macht, ist als parallele Infantilisierung und Sexualisierung des Stoffs stimmig. [...]

Foerster hat Ideen, man spürt, dass da jemand was will. Und er hat nicht zuletzt mit David Korbmann, Paula Thielecke und Anne Greta Weber drei äußerst wandlungsfähige Schauspieler zur Verfügung. Dieser «Borkman» ist das Bewerbungsschreiben eines talentierten Jungregisseurs [...]

Theater Heute, 07/2014

Eine weiße Schneelandschaft. Darauf ein Teddybär, der in einen Eimer kotzt, ein schlafendes Plüschschaf und dazwischen drei furchtbar bleiche, leichenähnliche Gestalten mit schwarz geschminkten Mündern, die sich zu Neil Youngs „Heart of Gold“ winden und heulen wie debile Zombiekinder: Mutter Gunhild (Paula Thielecke), die aussieht wie eine Mischung aus Adams Family und Elfriede Jelinek, Sohn Erhart (David Korbmann), der zugleich Vater Borkmann als riesenhaft-tumbe Cäsarengestalt gibt, und Tante Ella (hervorstechend komisch: Anne Greta Weber), bei der man denkt und insgeheim hofft, dass sie bald den Kopf umherdreht wie im „Exorzist“.

Eigentlich hat Ibsen mit seinem „John Gabriel Borkmann“ ja den Prototyp des herzenskalten Bankrotteurs geschaffen, der andere ohne Skrupel in den Ruin treibt. Und so könnte man jetzt einen großen Abgesang auf Gier, Geld und Größenwahn erwarten, aber wie öde wäre das? Deshalb bleibt in Daniel Foersters Inszenierung von diesem verbitterten Mann nur die Monotonie seines Musikgeschmacks, diese Neil-Young-Dauerschleife, die mich so sehr nervt, dass ich eine richtige Abneigung gegen jede Form von Herzschmerz und Hippie-Romantik bekomme und mit noch viel mehr Lust auf diese herzlos-kalte Schneelandschaft blicke, diesen einsamen Kinderspielplatz. Weil hier überhaupt nichts mehr aus Gold ist, und als allerletztes die Herzen:

Erhard will weg, will seinen eigenen Weg gehen, aber die Familie lässt ihn nicht. Sie zerren an ihm, sie kämpfen hysterisch darum, doch noch ein wenig Mutter oder Tante sein zu dürfen. „Dann bring ich mich halt um.“, droht Ella ihrem Neffen eiskalt und schmollt. Die Zeit rast, schon ist dieser wundervolle Coming-of-Age-Comic mit seinen völlig abgedrehten Gefühlsnomaden zu Ende, nicht ohne uns eine schmerzhafte Pointe ins jetzt viel zu gemütliche Foyer hinterher zu schleudern: „Überfahren werden wir ja alle einmal im Leben. Da muss man eben aufstehen und so tun, als wäre nichts passiert.“ Nach dieser umjubelten Inszenierung eine schwierige Angelegenheit.

Blog Die Deutsche Bühne, 05/2014

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